Musterbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

Die von der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Felfernig Rechtsanwalt GmbH verfasste „Musterbeschwerde“ können Sie hier abrufen und ebenfalls kostenlos verwenden.

Die Musterbeschwerde muss um Ihre individuellen Angaben ergänzt fristgerecht (siehe dazu die Rechtsmittelbelehrung) eingebracht werden. Empfohlen wird die Einbringung per Einschreiben.

[M U S T E R B E S C H W E R D E]

 

ORF-Beitrags Service GmbH

Operngasse 20 b

1040 Wien

Postfach 1000

1051 Wien

E i n s c h r e i b e n

Eine allenfalls abweichende Adresse ist gegebenenfalls dem Bescheid zu entnehmen

…………[Ort], am ……………………

Beschwerdeführer(in):

Vor- und Zuname

Beruf

Adresse

Belangte Behörde:

ORF-Beitrags Service GmbH

Postfach 1000

1051 Wien

wegen:  Anfechtung des Bescheides vom _________________

über die Erhebung eines ORF-Beitrages

B E S C H W E R D E

gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 und Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG

2-fach

1 Beilage

Überweisungsbeleg für Beschwerdegebühr

Ich erhebe gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH (in der Folge OBS genannt) vom __________________ GZ _______________________, mir zugestellt am _________________________ sohin innerhalb offener Frist nachstehende

Beschwerde samt Antrag

an das Bundesverwaltungsgericht.

Sachverhalt:

Ich habe gegenüber der belangten Behörde, nach Übermittlung ihrer Zahlungsaufforderung den ORF-Beitrag zu leisten, mit Schreiben vom ____________________ die Ausstellung eines Bescheides verlangt.

Dieser meiner Aufforderung ist die belangte Behörde mit Bescheid vom __________________ GZ _______________________ nachgekommen. Der Bescheid wurde mir am ______________ zugestellt, sodass die vierwöchige Beschwerdefrist [Rechtsmittelbelehrung bleibt abzuwarten] eingehalten ist.

Gemäß § 12 Abs. 3 ORF-Beitrags-Gesetz 2014 ist das Bundesverwaltungsgericht für die Behandlung von Beschwerden gegen Bescheide der OBS zuständig.

Sohin wird gegen den Bescheid vom __________________ GZ _______________________, erhoben an das Bundesverwaltungsgericht nachstehende

B E S C H W E R D E :

Der bezeichnete Bescheid wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und dessen ersatzlose Aufhebung beantragt, wobei inhaltliche Rechtswidrigkeit, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie darüber hinaus auch Gesetz- und Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

A: Zu den Beschwerdegründen

  1. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Die ORF-Beitrags Service GmbH ist durch das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 ident mit der bisherigen GIS-Gebühren-Info-Service GmbH und wurde lediglich gemäß § 21 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 in ORF-Beitrags Service GmbH (in der Folge OBS) umfirmiert.

Die OBS ist als juristische Person des Privatrechtes sohin auch nicht zur Erlassung von Bescheiden gesetzlich berechtigt bzw. auch nicht ordnungsgemäß durch das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 beliehen. Die OBS ist unzuständig, diesen Bescheid zu erlassen!

Der OBS wurde lediglich das Recht eingeräumt, rückständige Beiträge und sonstige damit verbundene Abgaben im Verwaltungswege hereinzubringen (vgl. § 17 Abs. 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024). Darüber hinaus ist die OBS berechtigt, Rückstandsausweise auszustellen und die Eintreibung der Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht zu beantragen (Exekutionsverfahren, vgl. § 17 Abs. 3 ORF-Beitrags-Gesetz 2024). Des Weiteren ist – freilich kaum nachvollziehbar – die Gesellschaft auch zur Durchführung des Inkassos berechtigt, sich Leistungen Dritter zu bedienen und diesen privaten Dritten persönliche Daten der Meldepflichtigen weiterzugeben. Über die Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung kann nur spekuliert werden.

Ungeachtet dessen ist die OBS nicht ordnungsgemäß vom Gesetzgeber zur Erlassung von Bescheiden bevollmächtigt worden. Eine ordnungsgemäße Beleihung mit hoheitlicher Tätigkeit (Bescheid-Erlassung ist eine Tätigkeit im Rahmen der Hoheitsverwaltung) ist dem ORF-Beitrags-Gesetz 2024 nicht zu entnehmen. Mangels gesetzlicher Grundlage zur Ausübung hoheitlicher Kompetenz in Form einer Bescheid-Erlassung, welche im Gesetz auch gar nicht vorgesehen ist, ist der angefochtene Bescheid jedenfalls mit Rechtswidrigkeit belastet und ist das (gesetzlose) geführte Verwaltungsverfahren der OBS und sohin auch der angefochtene Bescheid mangelhaft und nichtig.

Die gegenständliche „Berechnung“ des durch den angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen monatlichen ORF-Beitrages von EUR 15,30 erfolgt gleichfalls gesetzlos. Der § 31 des ORF-Gesetzes in der derzeit geltenden Fassung sieht ein detailliertes Verfahren vor, wie die Berechnung des ORF Beitrages zu erfolgen hat. Lediglich aus dem § 31 Abs. 19 kann entnommen werden, dass

„In den Jahren 2024 bis 2026 die Höhe des ORF-Beitrages den Betrag von monatlich EUR 15,30 nicht übersteigen darf“.

Diese Bestimmung ist keine ausreichende Grundlage für die Erlassung des gegenständlichen Bescheides, insbesondere für die Erlassung des Bescheides in der vorgeschriebenen Höhe des ORF-Beitrages. Die für die Festsetzung der Höhe des ORF-Beitrages geforderten Voraussetzungen sind nicht vorliegend und ist eine bescheidmäßige Bestimmung des ORF-Beitrages durch die Regulierungsbehörde gleichfalls nicht existent.

Der angefochtene Bescheid ist daher auch der Höhe nach rechtsgrundlos bzw. gesetzeslos erlassen, sodass wiederum Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt und der angefochtene Bescheid sowohl mangelhaft als auch nichtig ist.

  1. Rechtswidrigkeit des Inhalts:

Sowohl das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 als auch das ORF-Gesetz in der Fassung 2024 ist aufgrund des Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30.06.2022, G226/2021 „notwendig“ geworden. Der Verfassungsgerichtshof sieht jedoch ein „teilhabeorientiertes“ Finanzierungssystem vor und stellt der angefochtene Bescheid ausschließlich auf die Eintragung eines Hauptwohnsitzes im Zentralen Melderegister ab. Lediglich die Volljährigkeit und die Eintragung im Melderegister als Hauptwohnsitz löst die Beitragsschuld im Sinne des ORF-Beitrags-Gesetzes 2024 aus.

Gegenstand dieser „Besteuerung“ durch den gegenständlichen ORF Beitrag ist sohin nicht eine teilhabeorientierte Grundlage des „Bescheid-Empfängers“, sondern lediglich die Hauptwohnsitzmeldung.

Da der Gesetzgeber selbst von einem Beitrag ausgeht, ist sowohl Beitragspflichtiger als auch Beitragsschuldner entsprechend gesetzes- und insbesondere verfassungskonform auszulegen. Dies führt dazu, dass mich als Beschwerdeführer und Bescheid- Empfänger, der den ORF nicht konsumiert, keine Beitragspflicht trifft und sohin der gegenständliche angefochtene Bescheid auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist.

Der gegenständliche ORF-Beitrag im Sinne des ORF-Beitrags-Gesetz 2024 differenziert auch nicht, wie vom Verfassungsgerichtshof vorgeschrieben, an der Teilhabe bzw. orientiert sich nicht an der tatsächlichen Teilnahme(möglichkeit) des Beitragsschuldners. Dies widerspricht dem Äquivalenzgebot, da im gegenständlichen Fall dem vorgeschriebenen Beitrag seitens des ORF keine Gegenleistung gegenübersteht bzw. bei Internetkonsum – wie bereits medial mehrfach dargestellt – nur teilweise eine Teilhabe an den ORF Programmen möglich ist, zumal insbesondere sämtliche Spielfilme, sofern sie nicht vom ORF oder den deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern produziert wurden, Online gar nicht abrufbar sind.

Mangels Verwirklichung des Äquivalenzprinzips verantwortet der angefochtene Bescheid eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit.

Neben der oben dargestellten inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verantwortet der gegenständliche Bescheid bzw. verantworten die – sofern überhaupt vorliegend – gesetzlichen Grundlagen eine Gesetz- und Verfassungswidrigkeit.

B: Verfassungsrechtliche Bedenken:

Im Sinne der Art. 139 und 140 B-VG ist das angerufene Verwaltungsgericht verpflichtet dann einen Antrag auf Aufhebung des Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, wenn es Zweifel hat, ob ein für seine Entscheidung maßgebliches Gesetz verfassungskonform ist; dies ist im gegenständlichen Fall vorliegend, sodass unter einem angeregt wird, das angerufene Bundesverwaltungsgericht möge den Verfassungsgerichtshof mit der Überprüfung des für die Entscheidung maßgeblichen ORF-Beitrags-Gesetz 2024 anrufen.

Das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 beeinträchtigt mich sowohl in meinem Recht auf freie Meinungsäußerung sowie auch in meinem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und in meinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentumsrechtes, darüber hinaus widerspricht das dem Bescheid zugrundeliegende ORF-Beitrags-Gesetz 2024 dem Grundrecht auf Datenschutz.

1.

Durch die vom Gesetzgeber augenscheinlich bei der Gesetzwerdung zu Unrecht zugrunde gelegte Annahme, dass jede in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldete Person Vorteile durch den ORF erzielt, und daher verpflichtet ist, den ORF durch seinen Beitrag zu finanzieren, widerspricht der gegenständliche ORF-Beitrag dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, da es mir unmöglich gemacht wird (ohne indirekten oder direkten Zwang – auch monetär) selbstbestimmt zu entscheiden, ob ich das Medium ORF konsumieren möchte bzw. ob ich dieses Medium auch mit meinen Beiträgen zu unterstützen beabsichtige. Die diesbezügliche Regelung widerspricht – wie bereits oben ausgeführt – der Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 30.06.2022, ein teilhabeorientiertes Beitragssystem einzurichten.

Die Höhe der Gebühr hätte sich daher nach der Teilhabe, namentlich des tatsächlichen Konsums zu richten und nicht ausschließlich auf den Meldestatus einer natürlichen oder juristischen Person abzustellen.

2.

Darüber hinaus verstößtdas ORF-Beitrags-Gesetz 2024 auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, da Ungleiches gleichbehandelt wird. Es werden terrestrische ORF Empfänger mit Internetstreaming Konsumenten gleichgestellt, obgleich das ORF Angebot nicht in beiden Empfangsvarianten ident ist; vielmehr erwiesenermaßen davon auszugehen ist, dass große Anteile des ORF Angebots Online gar nicht verfügbar sind – wohl auch mangels der entsprechenden Rechte des ORF terrestrisch auszustrahlende Filme auch gleichfalls Online zur Verfügung zu stellen.

3.

Durch die Einhebung einer Gebühr ohne jegliche Gegenleistung entsteht neben dem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip auch eine Verletzung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Es sind weder die Voraussetzungen für einen solchen Eingriff, namentlich öffentliches Interesse und Verhältnismäßigkeit gegeben, noch ist ein sachlicher Grund zu erkennen, der eine Beitragsvorschreibung ausschließlich abstellend auf den Meldestatus einer Person vorsieht.

4.

Darüber hinaus ist die Vorratsdatenspeicherung aus dem Zentralen Melderegister, wie im ORF-Beitrags-Gesetz 2024 vorgesehen auch ein eklatanter Verstoß gegen das Grundrecht auf Datenschutz. Die diesbezügliche gesetzliche Regelung ist weder zulässig, noch verhältnismäßig. An dieser Stelle sei auf die Entscheidungen des EuGH zu AZ C-293/12 und C-594/12 verwiesen, wonach eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung unzulässig und unverhältnismäßig ist. Der gegenständliche Verstoß des ORF-Beitrags-Gesetz 2024 gegen die Rechtsprechung des EuGH ist bemerkenswert.

Aus all diesen Gründen bestehen massive Bedenken an der Verfassungskonformität des ORF-Beitrags-Gesetzes 2024 und wird daher das angerufene Bundesverwaltungsgericht im Sinne des unter einem gestellten Antrages. eine entsprechende Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen haben.

Aus all diesen dargestellten Gründen erstatte ich sohin an das Bundesverwaltungsgericht nachstehende

A N T R Ä G E

Das Bundesverwaltungsgericht möge

  1. nach Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung
  1. gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsverfahren einstellen;

in eventu,

den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde (Erstbehörde) zurückverweisen;

  1. gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit a B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Gesetzesprüfung hinsichtlich des ORF-Beitrags-Gesetzes 2024 stellen und die Aufhebung des genannten Gesetzes als zur Gänze als gesetz- und verfassungswidrig beantragen.

[Vor- und Zuname]

[Unterschrift]