Gesundheit ist ein wertvolles Gut. Immer weniger Patienten sind bereit Gesundheitsschäden wegen den erlittenen ärztlichen Fehlbehandlungen oder mangelnden Aufklärung hinzunehmen. Die Anzahl von Arzthaftungsprozessen hat in den letzten Jahren stark zugenommen.
Das Arzthaftungsrecht in Österreich beruht auf umfangreicher Rechtssprechung. Ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt oder nicht hängt in der Regel davon ab, ob der Arzt unter Einsatz der von ihm zu fordernden medizinischen Kenntnissen und Erfahrungen im konkreten Fall vertretbare Entscheidungen über die diagnostischen- und therapeutischen Maßnahmen getroffen und diese Maßnahmen auch sorgfältig durchgeführt hat.
Behandlungsfehler können in Diagnosefehler, Therapiefehler, Beratungsfehler, Organisationsfehler, etc. untergliedert werden. Auch unnötige Operationen können eventuell Ansprüche auf Schmerzengeld begründen.
Liegt tatsächlich ein Fehler des Arztes vor, sind Ansprüche auf Heilungskosten, Pflegekosten, Kosten für Haushaltsführung, Verdienstentgang, Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Schock- und Trauerschaden sowie Begräbniskosten zu prüfen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen steht dem Geschädigten ein angemessenes Schmerzengeld zu. Dieses wird durch Tagessätze abgegolten, welche in leichte, mittlere und schwere Schmerzen eingeteilt werden. Die Höhe dieser Tagessätze beträgt bei leichten Schmerzen EUR 110, bei mittleren Schmerzen EUR 220 und bei schweren Schmerzen EUR 330. Bei schweren Verletzungen verlieren die Schmerzengeldsätze an Aussagekraft. Laut Obersten Gerichtshof kommt in diesen Fällen nur ein Vergleich mit anderen Schmerzengeldzusprüchen in Betracht.
Einer besonderen Prüfung im Einzelfall bedarf die Beweislastverteilung. Hier kann aufgrund der bestehenden Rechtssprechung nicht in jedem Fall von der für den Patienten günstigen Beweislastumkehr des §1299 ABGB ausgegangen werden. Hinsichtlich der Verjährung gilt grundsätzlich eine dreijährige Verjährungsfrist, die zu laufen beginnt, wenn der Sachverhalt dem Geschädigten so wohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, dass er mit Aussicht auf Erfolg klagen kann (RIS-Justiz RS003 4524). Die absolute Verjährung des Anspruches beträgt 30 Jahre. Liegt ein sogenannter Primär- oder Erstschaden vor und sind künftige Schäden vorhersehbar, muss innerhalb der kurzen Verjährungsfrist (3 Jahre) eine Feststellungsklage eingebracht werden, um Verjährungsfolgen auszuschließen.
Eine erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen aufgrund von ärztlichen Kunstfehlern bzw. Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht setzt neben dem Vorliegen belastbarer medizinischer Gutachten durch einen medizinischen Sachverständigen auch die Kenntnis der aktuellen Schmerzengeld-Judikatur voraus.
RA Dr. Oliver Felfernig
Felfernig & Graschitz Rechtsanwälte GmbH